25 Jahre Duo in Bayern: Interview mit Vinzenz Oschmann

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Der JJVB-Landeskader Duo feiert dieses Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Vinzenz Oschmann ist Duo-Chef-Landestrainer. Und das von Beginn an! Ein Interview über seine Motivation, seine Erfahrungen und seine Wünsche. Sein Motto: Stillstand ist Rückschritt.

Du bist seit 25 Jahren in Bayern Landestrainer für Duo. Was hält Dich so lange im Amt?
Der Spaß am Ju-Jutsu und die Beschäftigung in einem guten Team. Damit meine ich nicht nur die Trainerkollegen Mike und Jens, sondern immer auch die Sportler und die dazugehörigen Vereinstrainer. Der Spaß ist umso größer, je mehr Erfolge dabei auch zustande kommen und wie sich jeder einzelne Sportler darüber freut

Was fasziniert Dich an der Arbeit im Duo?
Ich komme eigentlich vom Fighting und bin vom damaligen Wettkampfreferent Tom Weidner mehr oder weniger dazu überredet worden. „Wir wollen neben dem Fighting-Kader einen Landeskader Duo aufbauen. Dazu brauchen wir gute Techniker“, waren seine Worte.

Nach den ersten Jahren habe ich gemerkt, dass von den Wettkämpfern in den Kombinationen viel „gespielt“ wird. Das ist vielleicht auch das Manko am Duo, wie auch im Breitensport: das Trainieren in einer „Scheinwelt“, ohne realen Widerstand. In den Workshop-Unterlagen habe ich das als „den falschen Weg“ des Trainings bezeichnet. Deswegen versuche ich, realistische Techniken in den Duo-Kombinationen zu zeigen, und diesen Anspruch vielen Sportlern mitzugeben.

Vielleicht liegt es daran, dass ich als Polizist ein anderes, „reales Auge“ für die Kombi habe als Sportler, die noch nie Widerstand hatten, weil sie kein Fighting gemacht haben oder sich auf der Straße noch nicht ihrer Haut erwehren mussten.

Dieser Ansporn, dass die Kombis aller Paare wie ein „realistischer Stunt“ aussehen sollen, und die Beschäftigung mit den einzelnen Techniken dafür, wie so von Grund auf gedacht waren und sind, ist wohl meine eigentliche Faszination für Duo.

Wie hat sich die Arbeit in den 25 Jahren verändert?
Die Athleten sind mehr und durch mehr Altersklassen auch jünger geworden. Ohne Mike und Jens würde ich das nicht mehr schaffen. Auch die Ansprüche sind mehr beziehungsweise höher (Regelwerkauslegung, zusätzlich die Vielfältigkeit et cetera) geworden. Es kamen auch mehr Athletik und ein höheres Tempo dazu.

Es haben aber auch einige Bundesländer weniger beziehungsweise keine Duo-Wettkämpfer mehr. Das heißt, es war und ist schwieriger, Nachwuchs zu rekrutieren.

Wie haben sich das Duo und der Duo-Wettkampf verändert?
Der Wettkampf hat sich durch die Anpassung von Wettkampfregeln stetig geändert. Erst waren die Angriffe so fix, dass die Fußstellungen und die Handhaltung entsprechend der Vorgaben sein mussten. Später war die Fußstellung egal und auch ob der Angriff links oder rechts ausgeführt wurde.

Die größte Veränderung war vor ein paar Jahren die Einführung der sogenannten Pre-Attacks (Vorbereitungsangriffe). Man sieht heute noch Angriffe und Pre-Attacks, die im Zusammenspiel zwar dargestellt werden, die aber in der Realität gar nicht funktionieren könnten, weil Meidbewegungen, Distanzen und so weiter bei der Zusammenstellung meist nicht beachtet werden; zum Teil auch von den Heimtrainern nicht.

Da wären wir wieder bei der Beschäftigung mit der Technik: Ab wann wende ich was an und wann funktioniert auch etwas? Dazu kommt aus meiner Sicht auch noch die realistische Verhaltensweise des Angreifers und die Beschäftigung mit realistischen Angriffen. Auch das gehört dazu: Denn der Angriff und die erste Verteidigungshandlung betragen 40 % der Wertung.

Wie haben sich die Athleten verändert?
Grundsätzlich haben sich die Athleten nicht viel verändert. Allerdings ist die Grundausbildung der Technik früher besser gewesen. Die Haltung bei den Kampfstellungen, die Techniken an sich, sind oft oberflächlicher geworden. Ebenso hat man früher von der Einstellung her verbissener trainiert. Heute geht es eher nach dem Motto „Passt scho“. Dadurch muss man die Athleten mehr anspornen, weil der eigene Antrieb für die Perfektion fehlt. Das ist aber nicht bei allen so. Es gibt nach wie vor Athleten, die sind so, wie die Athleten früher waren. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass mehr Sportler Duo betreiben und der Kreis der Athleten immer größer geworden ist.

Wo steht Duo heute? Welchen Stellenwert hat es im Wettkampfbetrieb?
Der Duo-Wettkampf wurde von Anfang an immer etwas belächelt. Das ist aber schon besser geworden. Meist wird es anders, wenn man mal Duo trainiert hat und sich mit dem Thema Technik und realistische Darstellung einer Kombination beschäftigt hat. Von denen, die es oft belächelt haben, wird meist vor allem das viele Fallen unterschätzt. Denn jede Kombi muss ja mit der Kontrolle oder mit einer Abschlusstechnik in der Bodenlage enden.

Da die Anzahl der Athleten zum Fighting aber nach wie vor gering ist, wird es immer hinter dem Fighting anstehen. Wir müssen aber aufpassen, dass wir nicht hinter dem Newaza zurückfallen. Sonst verliert das Ju-Jutsu die optisch und medial wohl ansprechendste Disziplin.

Ich bin ja eigentlich ein Gegner der Aussage „Ich trainiere Duo“. Für mich ist es Techniktraining. Wenn mich nämlich auf der Straße jemand genau mit einem dieser vorgegebenen Angriffe angreift, muss die Kombination funktionieren. Zwar nicht so ästhetisch und schnell, aber wirkungsvoll. Nur dann trainiere ich richtig. Das sogenannte Duotraining sollte nur so viel ausmachen, dass bei all der richtigen Ausführung aller Techniken, der Partner keine Schmerzen verspürt beziehungsweise verletzt wird, weil er den Vorteil hat, dass er weiß, was kommt und etwas mitgehen, ausweichen kann.

Was sind die größten Herausforderungen für den Duo-Wettkampf jetzt und in Zukunft?
Neben den Disziplinen Newaza und Fighting zu bestehen und den Platz hinter Fighting zu bewahren. Die Nachwuchsgewinnung ist aus meiner Sicht dafür elementar. Wenn man die einzelnen Bundesländer sieht, weiß man eigentlich nicht, warum es da so mangelt. Wir haben dafür unser Nachwuchskonzept (Workshop-Unterlage Duo - im Download-Bereich verfügbar) sogar an den DJJV übergeben, damit er dies an andere Bundesländer weitergeben kann.

Aber auch im eigenen Verband haben wir das Problem, dass im Norden Bayerns kaum Nachwuchs vorhanden beziehungsweise bereit ist. Ich muss ehrlich gestehen, mit vielen, vielen unterschiedlichen Ansätzen ist es uns noch nicht gelungen, die wirklichen Gründe zu ermitteln, um Maßnahmen dafür zu ergreifen, damit es auch im Norden mehr Duo Paare werden.

Was zeichnet Duo gegenüber Fighting aus?
Der Duo-Wettkampf ist nicht so verletzungsträchtig - somit für diejenigen geeignet, die diesem Risiko aus dem Weg gehen wollen und sich trotzdem messen wollen. Wobei ich ein Verfechter bin, dass jeder mal Widerstand erlebt haben muss; was beim Fighting ja ständig der Fall ist.

Duo ist grundsätzlich „sehenswerter“ für die Zuschauer und somit auch für Medien, wenn die Kombinationen realistisch dargestellt werden. Es ist auch mehr teambildend, da sich immer zwei absprechen müssen und man auch nur gemeinsam bewertet wird und gemeinsam gewinnen kann. Es fordert in manchen Bereichen auch mehr Durchhaltevermögen beim Training - es wird nie so viel geworfen und gefallen wie beim Duo.

Es ist aufwändiger ein Duo-Paar zu trainieren wie zwei Fighter. Der gute Fighter hat seine Handvoll Lieblingstechniken, die er verfeinert, um zu gewinnen. Im Duo ist auch die Vielseitigkeit der Technikauswahl in den Kombinationen gefragt - was dem ein oder anderen vielleicht nicht so liegt - und trotzdem soll alles blitzschnell und realistisch wirken. Im Duo kann man halt nicht durch Kraft gewinnen, was im Fighting oftmals auch funktioniert. Wenn im Fighting der Wurf nicht genau passt, kann man halt mit entsprechender Kraft den Gegner trotzdem noch zu Boden bringen und bekommt entsprechend Punkte dafür. Im Duo wird, wenn der Wurf nicht passt, meist vom Partner nachgeholfen, zum Beispiel mitgesprungen, und dann mit einem entsprechendem Punktabzug geahndet - wenn die Kampfrichter gut sind.

Warum sollte jeder zumindest einmal Duo ausprobieren?
Damit er seine Techniken verbessert, was ihm auch im Breitensport zur Hilfe käme. Und um sich mit anderen zu messen. Sich mit anderen zu messen, bedeutet, festzustellen, wo ich stehe, um daraus Schlüsse zu ziehen, um besser zu werden. Stillstand bedeutet Rückschritt. Für mich persönlich ist es unvorstellbar, dass jemand Kampfsport betreibt, und sich nicht messen will - was ja eigentlich das Wort Kampf schon irgendwie bedeutet

Was sind Deine nächsten Ziele für das Duo in Bayern?
Erstens, die stetige Nachwuchsgewinnung, vor allem auch im Norden Bayerns; zweitens, möglichst viele Erfolge bei den Meisterschaften für die Landeskaderathleten; und drittens, die Unterstützung der Bundeskader-Athleten (wenn sie das möchten) zusätzlich zur Betreuung durch die Bundestrainer, damit sie möglichst viele Titel nach Bayern holen - vor allem auch mal als World-Games-Sieger.

Was sind Deine persönlichen Ziele?
Weiterhin Spaß beim Training als Sportler oder auch als Trainer zu haben und Athleten technisch besser zu machen. Für jeden Sportler einen passenden Rat für sein Training zu haben, damit durch dessen Umsetzung Erfolg hat.

Es ist jedes Mal ein Erfolgserlebnis, wenn ein Sportler plötzlich merkt, dass mit kleinen Veränderungen plötzlich alles auch gegen Wiederstand funktioniert und ohne Widerstand dann einfacher ist.

Vielen Dank.

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JJVB / Fotos: privat und Jens Nöding